Ein Einblick in die Festkultur Kanadas ist an dieser Stelle bereits gegeben worden, als Anfang Oktober Thanksgiving anstand, das Erntedankfest, bei dem Truthähne verspeist werden zu Ehren der Ahnen, die dieses Land besiedelten und urbar machten.

Diese Woche ist Halloween, der Hexentanz im Herbst, der dem arglosen Europäer doch mal erklärt werden sollte. Halloween wird begangen am 31. Oktober, der bei uns Reformationstag heißt. Bezüge zwischen beiden Festen gibt es, die erklärt Ihnen der Pfarrer Ihres Vertrauens sicher gerne. Hier nur so viel: Wenn an diesem Tag Kinder vor der Tür stehen, die Zombiekostüme tragen und Süßkram fordern, dann ist das Halloween.

Das Fest ist ein Kurzbesuch in der Unterwelt. Einmal im Jahr dürfen die Gruselgestalten raus ins Freie. Hexen kommen aus ihren Häusern, Leichen steigen aus den Gräbern, Kürbisse kriegen Gesichert. Alle treffen sich auf Partys und trinken viel zu viel. Das ist, grob zusammengefasst, worum es bei Halloween geht. Ursprünglich war das als Ahnenverehrung und Totengedenken gemeint. Das fanden die Nordamerikaner zu langweilig, sie feiern den Übergang vom Oktober zum November lieber als einen großen Mummenschanz.

Verkleiden ist Pflicht an Halloween. Und weil das so ist, hat sich eine Industrie entwickelt, die das allgemeine Bedürfnis nach immer neuen Gruselkostümen bedient. Während bei uns in Deutschland im September schon die Weihnachtsschokolade ausliegt, kommt in Kanada erst die Zombieware in die Regale. Was es da nicht alles gibt: abgehackte Plastearme, Styropor-Grabsteine für den Vorgarten, Tote-Augen-Tischtennisbälle oder – der Klassiker – die Säbel-im-Kopf-Haube mit ganz viel Blut.

Festzustellen ist, dass die Kanadier das Spektakel mit großem Ernst betreiben. Die gute Idee zählt. Ein uncooles Kostüm ist schlimmer als kein Kostüm – und kein Kostüm ist schon schlimm genug. Meine Mitbewohnerin Jennifer hat sich letztes Jahr in Klopapier eingewickelt, erzählt sie mir. Das Kostüm nannte sie „White Trash“, was so viel wie Abschaum heißt. Jennifer feiert jedes Jahr eine große Halloween-Party. Die Deko lässt sie das ganze Jahr über stehen, damit sie mehr davon hat. Das ist inzwischen ganz schön viel Zeug geworden.

Wichtig ist auch, dass originell gefeiert wird. Eine Gruppe Studenten aus Toronto hat sich einen besonders makabren Party-Gag ausgedacht. Für fünf Dollar beerdigen sie einen im Vorgarten vor ihrem Wohnheim. Richtig tief einbuddeln kostet allerdings zehn Dollar.

BU: Man hat mich zu einer Halloween-Party eingeladen, also brauche ich ein Kostüm. Zum Glück muss man sich dafür kein Bein ausreißen.