Amerika fasziniert uns Europäer, seitdem wir wissen, dass es da ist. Tolle Geschichten gingen rum über Unmengen von Land, Unmengen von Natur, von Gold, von allem.

Zudem ist Amerika eine Weltecke, aus der es immer Spannendes zu berichten gibt. Das werde ich in den nächsten Monaten tun. Mein Tor zur neuen Welt ist Toronto. Die kanadische Metropole am Ontario-See ist bis zum nächsten Frühjahr meine Heimat. Genau genommen der Bungalow von Jennifer, bei der ich mich eingemietet habe. Hin und wieder soll der Mensch seine Scheinwerfer neu justieren. Mal wo anders hin, damit man hinterher wieder weiß, warum man sonst eben an seinem Platz ist.

Deshalb stört es mich nicht, dass Jennifers Bungalow auf den ersten Blick befremdet. Ein Schuhkarton in einer Wohnsiedlung voller Schuhkartons. Als mich das Taxi vom Flughafen ausspuckte, musste ich eine Weile suchen. Das Häuschen versteckt sich hinter einem Dickicht aus Efeu, den wohl nie einer geschnitten hat.

Jennifers Einrichtung ist seltsam. Überall sind Figürchen und Flohmarkt-Schmuck und Sessel mit Tigerprint-Bezug. Lauter so Zeug. Jennifer ist eine Sammlerin von Dingen, die irgendwie romantisch sind, und die ich persönlich eigentlich nicht mag. Ich habe auch ein kleines Haus, es steht in Sachsen. Dort lasse ich grundsätzlich keine Sachen rein, die Staub fangen, ohne Miete zu zahlen. Aber wenn ich es recht betrachte, ist Jennifers kleines Elfen- und Puttenreich, 300 Meter vom Seeufer, das passende Häuschen für mich. Hier mache ich mir morgens einen Nescafé, bevor ich mich durch den unterirdischen torontesischen Nahverkehr schlage bis hin zur Universität, wo ich an einer Meisterklasse für Journalisten aus aller Welt teilnehme.

Das Schöne an unserem Beruf ist, dass man sich alles angucken und jeden einfach ausfragen kann. Ich werde also tief in das Leben, in das Fleisch und Blut Kanadas eintauchen, wie das die einheimischen Kollegen nennen. Und ich werde an dieser Stelle jede Woche darüber schreiben.

Mein Chef sagte, ich darf in dieser Reisekolumne alles schreiben, was für die Lausitzer interessant ist. Gerne doch. Anfangen könnte ich mit den Spreewaldgurken, die in Rubba’s Minimarket auf dem Lakeshore Boulevard im Regal standen, als ich Erdnussbutter suchte. Vielleicht schreibe ich später auch über Jennifers Vorliebe für Spinnen und Totenköpfe aus Plastik, die mir auch in Dresdner Studentenkneipen begegnet sind, wo bekanntlich viele Kinder der Lausitz nach höherer Erkenntnis streben.

Erst muss ich herausfinden, ob Jennifer auch brauchbare Dinge im Haus hat. Wie Salzstreuer. Dann wird alles gut in der neuen Welt.