Der goldene Oktober ist im Gange. An der Ostküste Nordamerikas trägt diese Zeit den Namen „Indian Summer“. Dieses Wetterphänomen ist bis nach Europa bekannt. Es meint eigentlich nicht nur das Wetter, sondern eine besondere Stimmung, die sich im Spätherbst einstellt.

Der Indian Summer in der kanadischen Provinz Ontario kennt ungewöhnlich warme und trockene Tage, an denen die Sonne mild scheint, obwohl es nachts schon frostet. Die Laubbäume tragen eine breite Farbpalette von dunkelgrün über gelb bis satt rot. Nach den sehr heißen Sommern Nordamerikas braucht im Herbst niemand mehr Angst haben, bei der Feldarbeit einen Hitzschlag zu bekommen. Das macht den Indian Summer zugleich zu einer Entspannungsphase.

Der Begriff stammt aus einer Zeit, als die Siedler aus England und Frankreich noch nicht viel über ihr neues Land wussten. Sie entdeckten erst nach und nach, was das Land zu bieten hat, das heute das zweitgrößte der Welt ist. Sie schipperten den 3000 Kilometer langen Sankt-Lorenz-Strom hoch, gründeten Städte wie Montreal und Toronto. Sie waren fasziniert von der üppigen, endlosen Natur und gaben ihr romantische Namen.

Natürlich färbt auch in Europa der Herbst die Blätter bunt. Aber nur Nordamerika hat diese weiten Laubwälder, die das Farbspiel bis zum Horizont spiegeln. Der ganze Zauber des Indian Summer erklärt sich nur durch den Wert, den diese recht kurze Zeit im Jahr für die bedeutet, die dort leben. Das kanadische Klima kennt eigentlich nur zwei Jahreszeiten: Sommer, die heiß und kurz sind, und lange, kalte Winter. Dazwischen gibt es kaum Übergang. Nur eben diesen famosen Indian Summer. Während der in Toronto noch die Straßenschluchten in sanftes Licht taucht und den Ontariosee glitzern lässt, fällt im Hinterland schon der erste Schnee.

Die Metropole Calgary hat ihr erstes Schneechaos schon hinter sich. Anfang Oktober versank die 1,2-Millionen-Stadt in der Provinz Alberta bereits knietief im Schnee. Die Stimmung erreichte derweil den Siedepunkt, weil kaum Räumfahrzeuge bereit standen. Der Winter kam hier genau zwei Wochen zu früh – und das gründlich. Das ist ungewöhnlich, selbst in einer Gegend, wo der Winterdienst schon ab Mitte Oktober marschbereit dasteht. In Alberta sinken die Temperaturen im Winter locker auf 25 Grad unter Null. In der Gegend um Toronto sollen es bis zu 40 Grad Minus werden, höre ich. Aber das dürfte dann auch egal sein. 25 oder 40, es ist beides saukalt.