Neulich Zwischenlandung in Island. Von diesem Erlebnis möchte ich berichten. Denn wann, wenn nicht jetzt. Auf diese Insel fliegt man nicht einfach so. Island ist ein riesiger Vulkan, der kurz vorm Polarkreis aus dem Atlantik guckt. Diese Insel ist nicht mal klein, ist aber überwiegend aus unbewohnbarer ländlicher Raum. Man kann Island für das Ende der Welt halten, doch dahinter liegt Kanada, und dort wollte ich hin.

Ich war auf einer Art Heimkehr nach einem längeren Weihnachtsurlaub zu Hause in Sachsen. Meine acht Monate Journalisten-Programm in Toronto sind halb rum. Jetzt beginnt die harte Zeit: der kanadische Winter. Von dem will ich später erzählen. Erst Island.

Hätten die ersten Siedler vor 1000 Jahren diese Insel aus der Luft gesehen, sie hätten gleich umgedreht. Da ist nichts als baumloses Ödland, das aus scharfkantigen Brocken Vulkangesteins besteht, zwischen die sich lange Straßen ziehen, die immerhin von Besiedlung zeugen. Island hat nur 350 000 Einwohner, also so viele wie Cottbus und Chemnitz zusammen. Denen haben die Isländer allerdings einiges voraus, wie die Fähigkeit, mit der Hilfe von stinkendem Fisch einen Winter zu überleben.

Island ist überdies berühmt für heiße Quellen, Trolle und Feen, dagegen weniger für den Internationalen Flughafen Keflavik. Doch dort bringen die wackeren Isländer alles zusammen, was ihr schroffes Land zu bieten hat. Die meisten Island-Besucher sehen nicht mehr Island als diese Transitzone. Keflavik heißt übersetzt „Treibholzbucht“, was eigentlich alles sagt. Wer dort angespült wird, wandelt in blechernen Hallen zwischen Trollen aus Pappmache, Fischbrätereien, Pfannkuchenbäckereien und Läden voll von Schafwollpullovern.

Diese Pullover, auch Lopis genannt, sind wunderschön mit ihren ausgefeilten Mustern, obwohl sie fürchterlich kratzen, es ist halt Schaf drin. Lopis sind tief in die Kultur Islands eingestrickt. Was sollten die Bauern in den langen Winternächten anderes machen als Pullover stricken und Geschichten erzählen, die Sagas heißen. Am liebsten mochten die Isländer Geschichten über Bauern, die sich verhauen, die Ehe brechen oder Wölfe jagen, ihnen das Fell abziehen und damit im Dorf herumstolzieren. Dieser Lifestyle ist heute in Island nicht mehr mehrheitsfähig. Doch der Sound der Sagas in ihrer uralten Sprache wärmt noch heute die Herzen der Isen. Hier eine Kostprobe: Einst landete eine Frau vom Stamm der Sachsen in Island. Sie reiste weiter nach Kanada und strickte dort einen Lopi. „Einu sinni kom kona úr ættkvísl Saxs á Íslandi. Hún hélt áfram að ferðast til Kanada þar sem hún byrjaði strax að prjóna Lopi.“