Im fernen London ist eine Prinzessin schwanger. Toronto ist in froher Erwartung, denn es hat eine besondere Beziehung zu Meghan Markle, der Herzogin von Sussex und Ehefrau des Enkels von Königin Elisabeth II.

Kanada gehört der britischen Krone. Königin Elisabeth ist auch Herrscherin über das weite Land hinter dem Sankt-Lorenz-Strom, mit seinen zehn Provinzen und drei Territorien, mit Eisbären, Büffeln, Wölfen und Karibus. Die Briten eroberten das Land vor 250 Jahren von den Franzosen, die es bis dahin beherrscht hatten. Ein Bild der Monarchin, bekrönt und im Ornat, hängt in jedem Regierungsgebäude zwischen Neufundland und Vancouver. Von dort, an der Westküste Kanadas, sind es 8000 Kilometer bis zum Frühstückstisch der Queen im Buckingham Palace. Die Vertretung der Queen in Kanada übernimmt deshalb der Generalgouverneur. Aktuell ist das Julie Payette, eine ehemalige Astronautin aus Montreal.

Wie das ist, zu einer uralten Monarchie zu gehören, die noch dazu auf einem anderen Kontinent zu Hause ist, das fragen sich die Kanadier im Alltag eher selten. Die Verbindungen zum Palast sind locker und höflich. Die Untertanen in der ehemaligen Kronkolonie Kanada bekommen Ihre Majestät nicht oft zu Gesicht. Die letzte große Besuch der Queen im Lande war 2010. Ansonsten befriedigt Kanada die Sehnsucht nach Noblesse mit einheimischen Politikern wie Premierminister Justin Trudeau. Der ist der Sohn des früheren Premiers Pierre Trudeau, den vielen für den bedeutendsten und glanzvollsten kanadischen Regierungschef aller Zeiten halten. Trudeau Junior hat damit auch etwas Prinzenhaftes, aber ihm fehlt der Pomp, der rote Samt, die goldene Kutsche. All das eben, das die Welt mit Faszination zum Buckingham Palace schauen lässt, wenn sich dort nur irgendwas regt.

Wie 2017, als der Enkel der Queen, Prinz Harry, die Amerikanerin Meghan Markle als seine Verlobte vorstellte. Damit bekam das Interesse der Kanadier an ihrer royalen Herrschaft neuen Schub. Die 37-jährige Schauspielerin stammt zwar aus Los Angeles, aber sie hat einige Jahre in Toronto gelebt. In der Metropole am Ontariosee spielte sie in der Anwaltsserie „Suits“ eine freundliche Anwaltsgehilfin. Ihre Zeit in der Stadt endete mit der Hochzeit 2018. Seitdem ist sie Herzogin von Sussex, einer Gegend in Südengland, die bekannt ist für Rinderzucht.

Das Leben einer jungen Bürgerlichen am Hof bietet Stoff für Märchen, Bestseller und bunte Zeitschriften. Über die Fährnisse, die Herzogin Meghan dort auszustehen hat, ist die Welt bestens informiert. Daher wissen wir von ihren Spannungen mit  Schwägerin Kate, mit Großmutter Queen und mit den uralten imperialen Zwangsjacken namens Zeremoniell und Protokoll. Wir wissen, wann er ihr erstes Kind kommt (Ende April oder Anfang Mai). Wir haben gehört, was ihre Kleider kosten sollen (800 000 Euro allein im letzten Jahr). Wir haben erfahren, warum sie nicht mehr mit ihrem Vater spricht (weil er nicht zur Hochzeit kam). Wir wissen, wer bei ihrer sündhaft teuren Babyparty in New York war (Serena Williams und Amal Clooney).

All das verfolgen die Kanadier noch viel aufmerksamer als der Rest der Welt. Meghan Markle ist ihre Prinzessin.