Halloween ist vorbei. Da stellt sich die wichtige Frage: Was passiert mit all den Kürbissen? Der Kürbis ist ein gebeuteltes Gemüse, dem an dieser Stelle ein wohlverdientes Trostlied gesungen werden soll. Ich behaupte: Keiner liebt den Kürbis.
Mir wurde das klar, als meine Mitbewohnerin Jennifer einen Kürbiskuchen buk. Der schmeckte köstlich nach Zimt, nach Mürbeteig und Schlagsahne – aber nicht nach Kürbis. Kürbiskuchen – englisch Pumpkin Pie – gibt es das ganze Jahr über in kanadischen Supermärkten. Er ist immer deutlich billiger als der Apfelkuchen, das sagt doch alles.
In Kanada ist der Kürbis so ein Folklore-Ding. Er ist eben groß, hat eine schöne Farbe und ist in Hülle und Fülle vorhanden, wenn das Land im Herbst seine Ernte feiert. Auf Volksfesten quer durchs Land karren dann Jung und Alt von nah und fern ihre Dicksten an. Phil Hunt und seine Frau Jane hatten einen der Dicksten in diesem Jahr. Das Gemüsefarmerpaar aus einem Nest namens Cameron in der Provinz Ontario holte dieses Jahr den Kürbis-Preis bei der Herbstmesse in Woodbridge, vor den Toren Torontos. Die „Woodbridge Fall Fair“ ist ein Dorffest wie jedes andere, nur viel schöner. Es gibt ein Kühe-Wettmelken, einen Hunde-Hürdenlauf und einen bärtigen Schmied, der den kleinen Kindern was vorhämmert.
Die Stars waren die Hunts mit ihrem Riesenkürbis. Der sei „so groß wie ein kleiner Volkswagen“ gewesen, stand hinterher in der Zeitung. Solche Rekorde schafft nur, wer sich Mühe gibt. Phil Hunt sagt, er habe vor 25 Jahren mit seiner Frau einen Pakt geschlossen: „Wir werden niemals einen Weltrekord im Sport aufstellen“, sagte er zu ihr. „Aber Riesengemüse können wir.“
Wenn Kürbisse vorm Haus liegen und dazu die Sonne scheint, dann ist goldener Herbst. Aber essen mag die niemand. Es sei denn, es ist Krieg und nichts anderes da. Kürbis-Enthusiasten werden jetzt einwenden, dass es doch viele fantastische Rezepte für Kürbis-Gerichte gibt. Stimmt, aber die schmecken alle nicht nach Kürbis. Machen Sie den Test, bestellen Sie ein Kürbissüppchen im Restaurant. Ist schön orange, hat eine feine Curry-Note – da haben wir’s.
Der Kürbis ist ein Schlechte-Zeiten-Essen. Er ist der Friedrich Merz im Gemüsegarten: Immer da, immer verkannt und immer geduldig wartend auf den Moment, wo man ihn wieder braucht. Weil alles andere aufgegessen ist.