Unsere von Zerstreuungen überfüllte Moderne bringt die Menschen kaum noch zusammen. In Toronto schafft das der Sperrmülltag, das beliebsteste Volksfest der Stadt. Einmal im Jahr kommen die Torontonen mit allem, was sie nicht im normalen Hausmüll loswerden zu den Sperrmülltagen in ihrer Nachbarschaft. Kaputte Mikrowellen, olle Reifen, Töchterleins ausgemusterter Ponyhof, die Playstation vom Ex. Alles wird beim Sperrmülltag in der professionellen städtischen Entsorgung anheimgegeben. Dazu feiert man mit Hotdogs und Hüpfburg und lernt die lokalen Abgeordneten kennen.

Der Sperrmülltag ist eine Tradition seit 1991. Er ist den Einheimischen lieb und teuer. Sehr sogar: In diesem Jahr gibt die Stadt eine Million Dollar für Sperrmülltage aus.

Das ist ein Haufen Geld, selbst für eine Metropole mit 2,5 Millionen Einwohnern und einem Jahreshaushalt von elf Milliarden Dollar (sieben Milliarden Euro). Neulich bei der Stadtratssitzung kam die Kostenexplosion endlich zur Sprache.

Der Stadtrat von Toronto soll an dieser Stelle kurz vorgestellt werden. Er tagt in der City Hall, einem eindrucksvollen Rundbau mit einem Vorplatz, auf dem im Winter Kinder Schlittschuh fahren. Vor einem Jahr bestand das Parlament noch aus 48 Abgeordneten – heute sind es nur noch 27. Der neue Premierminister der Provinz Ontario hat den Stadtrat im Herbst geschrumpft. Doug Ford, der poltrige Chef der „Progressiven Konservativen“, war früher selbst Stadtrat – die meisten Ex-Kollegen können ihn nicht leiden. Deshalb gibt es in der „City Hall“ jetzt keine Hinterbänkler mehr, denn die hintere Bank ist leer.

Ford meinte damals, der Stadtrat koste zu viel Geld und bringe wenig ein. Umso wichtiger ist es für die Verbliebenen, sich und ihre Arbeit öffentlich erlebbar zu machen. Daher die Sperrmülltage, von denen die Abgeordnete Paula Fletcher die schönsten feiert. Fletcher hat einen Schredder besorgt, damit die Gäste ihre Papiere unter freiem Himmel zerfetzen können. Das komme gut an, sagt sie, darum macht sie dieses Jahr gleich zwei Sperrmülltage.

Sie ist die einzige. Insgesamt 51 Sperrmülltage hat die Umweltbehörde vorgemerkt. Mitsamt Werbung, Abtransport und Aufräumen soll das eine Million kosten.

Diese Tage seien ja mehr als nur eine „Abwurfstation“, meint der Kollege James Pasternak. Es gehe um „Aufklärung und Information“. Der Kollege Stephen Holyday sagt aber, es gehe nur um „Eigenwerbung für die Stadträte“. Die Bürger seien doch klug genug und könnten ihren Kram auch selbst zur Müllkippe bringen. Holyday will den Sperrmülltag ganz abschaffen. Sein Antrag traf vorigen Donnerstag im verkleinerten Stadtrat nur auf müdes Lächeln in der verkleinerten Runde. Holyday, raunte es da, sei ja immer gegen alles. Der Sperrmülltag bleibt.