Die Geschichte Torontos begann mit einem Deal. 1789 schlossen die Briten einen Vertrag mit den Missisauga-Indianern, die am nördlichen Ufer des Ontariosees wohnten. Die Kolonialherren zahlten 1700 Pfund in bar und dazu Wagenladungen voller Kleider, Decken und Spitzenhauben. Ferner Messingkessel und Spiegel. Geliefert wurden die Rüstungsgüter der Zeit, also Pistolen und Flinten mitsamt Schießpulver, die damals in jeden Haushalt gehörten, namentlich Tabak und Rum.

96 weitere Posten umfasst der Vertrag. Wir dürfen vermuten, es waren Dinge, für die heute niemand Haus und Hof verkaufen würde. Aber das waren andere Zeiten und die Missisauga in keiner guten Verhandlungsposition. Also nahmen sie die Spitzenhauben und den Rest und gaben dafür das Land, auf dem sie lebten: Jene 100 000 Hektar in bester Uferlage, auf denen die Millionenmetropole Toronto entstehen sollte.

Toronto, das in seinen frühen Jahren noch York hieß, wurde Mittelpunkt der Provinz „Upper Canada“ – deutsch: Oberkanada. Die heißt heute Ontario, wie der See, an den sie sich geografisch schmiegt.

Wer einen Eindruck bekommen will vom Zauber, ein neues Land zu gründen, der besuche das Ontario Legislative Building. Das Parlamentsgebäude von Ontario ist ein gigantischer Palast aus rosa Steinen, der auf einem Hügel in Toronto thront. Wie viele staatstragende Bauten in dieser Stadt, rangiert es stilistisch irgendwo zwischen Neo-Romanik und Neo-Gothik.

Das Legislative Building stammt aus einer Zeit, als alles älter aussehen sollte, als es war. Das gilt für die Gebäude, die mittelalterlich sein wollten, wie auch für die Männer, die darin arbeiteten. Sie blicken von den Gemälden auf den weiten Fluren des Parlamentsgebäudes. Die Macher von einst tragen steife Krägen und blickdichte Bärte. Sie blicken streng, aber auch visionär. Es sind die Generalgouverneure, Vize-Generalgouverneure und Premierminister, die hier residierten. Ihre Welt war vertäfelt mit Nussbaumholz und behängt mit Leuchtern. Das ganze Land sollte damals älter aussehen, als es war. Als hätten dort nicht noch wenige Jahre zuvor Tipis gestanden.

Die Missisauga-Indianer sind heute verschwunden. An sie erinnert nur noch ein Vorort von Toronto, der ihren Namen trägt. Aber Kanada ist heute ein viel netteres Land. Es hat seine Ureinwohner neu entdeckt. Eine Stadtteil-Versammlung, die ich neulich besuchte, begann mit den Worten: „Wir erinnern daran, dass wir uns hier auf dem Land befinden, das einst dem Stamm der Missisauga gehörte.“