Jeannette Haake ist Mutter eines AD(H)S-lers – Ist sie nun auch betroffen?

Frau Haake war vor sechs Jahren in der Selbsthilfegruppe „AD(H)S Optimisten Hoyerswerda“ tätig und weiß, wie sehr Eltern eines verhaltensauffälligen Kindes betroffen sein können. „Ein Kind mit diesem Syndrom zu haben, ist oft sehr anstrengend und benötigt seitens der Eltern sowohl physisch als auch psychisch viel Kraft“, spricht sie aus Erfahrung. Zudem haben einige von ihnen auch die Angst, dass sie als Familie des „frechen Kindes“ eventuell als asozial abgestempelt werden, erzählt sie.

Der Unterschied zwischen ADS und ADHS, wie sie nun erklärt, liegt in der Grunderkrankung der Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) und der Zufügung der Hyperaktivität (ADHS). ADHS-ler sind dabei die „Zappelphilippe“, die es noch schwerer mit ihrer Umwelt haben, als die ADS-Kinder, welche eher die „Träumer“ mit „nur“ Konzentrationsproblemen sind.

Die Frage, ob die Diagnose ihrer Meinung nach zu früh gestellt wird, beantwortet Jeannette Haake mit einem eindeutigen Ja. „Laut Presseberichten gibt es genügend Ärzte, die entweder nicht umfassend diagnostizieren oder aus lukrativen Gründen vorschnell Medikamente verschreiben, was sich als gesundheitsschädigend erweisen kann“.

Obwohl es Selbsthilfegruppen gibt, an deren Sitzungen weder Psychologen noch Vertreter vom Jugendamt oder sonstigen Institutionen teilnehmen (wie bei der ehemaligen Selbsthilfegruppe in Hoyerswerda), scheuen sich Eltern vor einem Austausch mit betroffenen Eltern, bei dem sie herausfinden könnten, ob ihr Kind vielleicht das AD(H)S-Syndrom hat und ob eine Diagnostik sinnvoll wäre, erzählt Frau Haake. Denn, wie sie meint, sind AD(H)S-Kinder in ihrer Krankheit mehr oder weniger gefangen und „so gesehen wäre es fahrlässig, nichts zu tun“.

Zum Thema Behinderungen der Zukunftsaussichten eines jungen Menschen mit AD(H)S und ob man dennoch zum offenen Umgang mit der Diagnose raten sollte, vertritt Frau Haake folgende Meinung: „Sollte ein Kind eine hohe Form der Erkrankung haben – Kita und Schule sind die Ersten, die merken, dass da etwas nicht stimmt –, wäre es fatal, dem Kind keine Hilfe zukommen zu lassen. Ohne Medikamente wird es dennoch bei solch einer schweren Ausprägung nicht gehen. Auch in Bezug auf das Betäubungsmittelgesetz gibt es dazu unterschiedliche Meinungen. Aber: Das Medikament ist KEIN Betäubungsmittel. Wenn aber ein Kind keine Behandlung und in der Schule deshalb nur schlechte Noten bekommt, sieht eine Prognose für eine rosige Zukunft nicht gut aus und im schlimmsten Fall werden die Kinder später aggressiv und kriminell. Im Gegensatz dazu ist es nicht selten, dass AD(H)S-ler einen überdurchschnittlichen IQ haben, auch Albert Einstein soll ja diese Krankheit gehabt haben. Ignoranz wäre da doch eine Verschwendung von Intelligenz, oder?“

Foto: fizkes/Shutterstock.

Aimee Haake; Klasse 9c des Lessing-Gymnasiums in Hoyerswerda; Teilnahme am Projekt ZiSCH vom 09.11.-04.12.2020, Beitrag vom 16.12.2020